Elternängste und einige Gegenmittel

Baby-Sorgen: Warum sie oft unnötig sind

Schon Babys, diese so zerbrechlich wirkenden Wesen, geben Eltern immer wieder Anlass, sich Sorgen zu machen. Doch mit ein wenig Hintergrundwissen lösen sich viele Sorgen schnell in Luft auf. urbia greift deshalb häufige Eltern-Ängste und Fragen auf und liefert ein großes Paket Zuversicht.

Autor: Gabriele Möller

Viel Stoff zum Sorgenmachen

Mutter Baby Sorgen Teaser
Foto: © iStockphoto.com/ NiDerLander

„Kleine Kinder, kleine Sorgen....“, sagt der Volksmund. Zu Unrecht, denn gerade um unser Baby oder Kleinkind machen wir Eltern uns oft besonders große Sorgen. Oft wittern wir an allen Ecken und Enden Gefahren für seine Gesundheit, beobachten argwöhnisch seine Entwicklung und sind rasch beunruhigt, wenn sich unser Kind in irgendeiner Hinsicht nicht nach der Tabelle richten will. Auch schielen wir gern nach anderen Kindern und werden sofort unsicher, wenn diese schon „weiter“ zu sein scheinen als unseres. urbia nimmt die häufigsten Elternsorgen unter die Lupe und zeigt, warum wir unser Herz mit vielen davon ganz unnötig beschweren – oder wie wir schon mit wenig Aufwand manche Angst lindern können.

Das Baby hat keinen Stuhlgang - Grund zur Sorge?

Es kommt häufig vor: Erstaunt öffnen die frisch gebackenen Eltern Windel um Windel, und Tag für Tag findet sich kein sichtbares Ergebnis von Babys Stoffwechsel darin, vom „ Pipi“ abgesehen. Sorge ist aber meist ganz unnötig. Der Darm von voll gestillten Babys kann die Muttermilch manchmal so optimal verwerten, dass sie tagelang keinen Stuhlgang haben. Wenn das Baby sichtlich keine Krämpfe hat, die Windeln nass und schwer sind, darf man bis zu zehn Tage abwarten. Umgekehrt kann ein Stillkind ruhig auch mehrfach pro Tag Stuhlgang haben (z.B. nach jeder Brustmahlzeit), auch das ist normal. Flaschenkinder, betonen Hebammen, sollten allerdings mindestens einmal in 24 Stunden Stuhlgang haben.

Manchmal sieht der Inhalt der Windel dabei plötzlich eher grün als wie gewohnt gelb oder braun aus. Das kommt – vor allem bei Stillkindern – gelegentlich mal vor. Die Farbe normalisiert sich von selbst wieder. Dass es sich nicht um Durchfall handelt (der ebenfalls grün sein kann), sieht man an der Konsistenz: sie ist homogen und breiig. Bei Durchfall ist sie eher wässerig mit kleinen, grünen, blattspinat-ähnlichen Anteilen. Bei Verdacht auf Durchfall sollte man zum Kinderarzt gehen. Harmlose Farbveränderungen des Stuhls treten auch nach einer Umstellung vom Stillen auf Säuglingsnahrung oder einem Wechsel zwischen den verschiedenen Typen von Babymilch (von Pré auf 1er zum Beispiel) fast immer auf. Zum Beispiel von eher grünlich in Richtung gelb oder bräunlich - oder umgekehrt.

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Harmlos: "Ziegelmehl" im Urin des Babys

Ebenfalls nicht zu erschrecken braucht man bei scheinbaren Blutspuren in der Windel. Meistens handelt es sich nicht um Blut, sondern um rote Urinkristalle (das sog. Ziegelmehl), die bei Säuglingen gelegentlich vorkommen. Sicherheitshalber sollte der Kinderarzt befragt werden, um eine echte Blutung auszuschließen.

"Hexenmilch" – kein Grund zur Sorge

Mädchen können in der Zeit nach der Geburt kleine Mengen eines milchigen Sekrets aus der Brust absondern. Diese „Hexenmilch“, wie sie im Volksmund genannt wird, ist eine Folge der Östrogene, die das Kind im Mutterleib abbekommen hat und geht nach spätestens einigen Wochen von selbst weg.

Atmet es noch?

Fast alle Mütter kennen das: Man schaut des abends hier und da heimlich in die Wiege, um zu schauen, ob das Baby noch atmet. Die Angst vor dem  plötzlichen Kindstod (SIDS) ist bei manchen Eltern so groß, dass sie sich ein Atemüberwachungsgerät anschaffen. SIDS ist aber etwas Seltenes, und nach Auffassung der meisten Kinderärzte reicht es, die bekannten Risikofaktoren für Säuglinge im ersten Lebensjahr zu meiden: Überwärmung durch zu warme Decken oder Schlafsäcke, Überdeckung des Gesichts (durch Decken, Plüschtiere, eine weiche Umrandung des Bettes), die Bauch- und Seitenlage sowie das Rauchen der Eltern. Der Schlafraum sollte möglichst unter 20 Grad warm sein, das Baby im Schlaf nicht schwitzen. Eine Überwachung durch ein Gerät macht vor allem bei unreif geborenen oder chronisch kranken Babys Sinn. Wer es ohne Not kauft, muss bedenken, dass Fehlalarme vorkommen können, die die Angst eher schüren als beruhigen.

Ist ein "Speikind" wirklich ein "Gedeihkind"?l

Man outet sie leicht an den über die Schulter geworfenen Mulltüchern, die einen leicht säuerlichen Duft verströmen - die Eltern von "Speikindern". Vielen Babys passiert es in den ersten Lebensmonaten, dass mit der verschluckten Luft gleichzeitig auch ein oder zwei kleine Ladungen halb verdauter Milch wieder hochkommen. Natürlich gedeihen die spuckenden "Lamas" unter den Säuglingen nicht besser als andere, aber auch nicht schlechter. Wenn das Spucken eher schwallartig ist, wie beim Erbrechen, und große Mengen Milch zurückkommen, kann dies ebenfalls zwar noch normal sein. Hier sollte man aber dennoch zur Sicherheit mit dem Kinderarzt sprechen, weil dies manchmal auch anatomische Ursachen im Magenbereich hat. Das normale Spucken verliert sich meist bis etwa zum achten Lebensmonat, manchmal aber auch erst mit einem Jahr.

Wie schütze ich mein Baby vor Schadstoffen?

Dem „Kranenburger“ aus der Leitung misstrauen manche Eltern – zu Unrecht. Es ist nicht nötig, zum Anrühren von Säuglingsnahrung spezielles „Baby-Wasser“ zu kaufen, wie es manche Hersteller anbieten. Leitungswasser ist das in Deutschland das am strengsten kontrollierte Nahrungsmittel, es werden in den städtischen Wasserreservoirs täglich mehrmals Proben gezogen und untersucht. Die Schadstoffbelastung ist so niedrig, dass sich das Leitungswasser zur täglichen Zubereitung von Babynahrung und auch als Kleinkind-Getränk über beliebig lange Zeiträume eignet. Gefahr droht allenfalls im eigenen Rohrsystem, so die Verbraucherzentralen: Wer im Hauskeller noch alte Bleirohre hat (dunkelgrau), sollte auf stille Mineralwässer zurückgreifen, die den Aufdruck „Zur Zubereitung von Babynahrung geeignet“ tragen. Kupferrohre (dunkelbraun) dagegen sind ungefährlich. Ausnahme: Ganz neue Kupferrohre (kupferfarben glänzend) geben in den ersten sechs Monaten für Babys schädliche Kupfermengen ab. Generell empfehlen die Verbraucherberater: Wasser für Säuglingsnahrung sollte man eine Weile fließen lassen, bevor man es auffängt. Das gilt vor allem morgens, wenn das Wasser über Nacht in den Leitungen gestanden hat. In den ersten sechs Monaten sollte es zudem abgekocht werden.

Was aber gilt für den Beikoststart, muss es da unbedingt „Bio“ sein? Bei Schadstoffen in Nahrungsmitteln sind die erlaubten Grenzwerte in Deutschland so niedrig angesetzt, dass Experten bei gespritztem Obst und Gemüse eher von einer „gefühlten Gefahr“, statt von einer tatsächlichen Bedrohung sprechen. Auch das Dortmunder Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) empfiehlt daher nicht ausdrücklich Bio-Produkte für die Eigenherstellung von Babybreien. Trotzdem kann es für das eigene Gefühl richtig sein, im ersten Lebensjahr biologische Erzeugnisse zu verwenden, denn hier sind vor allem die Gehalte an Nitrat, Nitrit und Schwermetallen besonders niedrig.

Ein wenig Wachsamkeit verdient aber das Spielzeug: Immer noch gasen manche Puppen oder Bade-Enten, bunte Gummipferdchen, Leuchttiere etc. aus Fernost giftige Weichmacher (Phthalate) aus, die im Verdacht stehen, im späteren Alter Leberschäden oder Fruchtbarkeitsprobleme auszulösen. Beruhigt sein kann, wer Spielzeug aus softem Plastik meidet und auf Hartplastik, Stoffpuppen oder Holzspielzeug zurückgreift, vor allem, solange Baby und Kleinkind noch alles in den Mund stecken.

Manche Eltern sorgen sich, weil Kleidung von den Herstellern vor dem Verkauf oft chemisch behandelt wird gegen Knittern, Mottenbefall oder Ausbleichen. Hier geht man auf Nummer sicher, wenn man Textilien für Babys und Kleinkindern vorab zweimal wäscht. Besonders schadstoffarm ist auch Secondhand-Kleidung, denn sie wurde so oft gewaschen, dass so gut wie keine Chemie mehr in ihr zu finden ist. Manche Hersteller benutzen ein Prüfsiegel für schadstofffreie Kleidung nach dem Öko-Tex Standard 100 (z.B. „Textiles Vertrauen) oder bieten Bio-Kleidung an (z.B. Versandhaus Hess Natur).

Mehrfachimpfungen – sind die nicht belastend für einen Säugling?

Das Robert-Koch-Institut in Berlin erklärt, warum man überhaupt schon kleine Säuglinge gegen bestimmte Krankheiten impft: „Einige Infektionen treffen Säuglinge deutlich schwerer als ältere Kinder – deshalb sollten Babys bereits nach dem vollendeten zweiten Lebensmonat gegen manche Erkrankungen geimpft werden.“ Mehrfachimpfungen belasten das Baby dabei nicht nennenswert mehr als Einfachimpfungen, denn: „Schutzimpfungen richten sich gegen wenige, besonders notorische und gefährliche Erreger – mit hunderten weiteren muss sich das Immunsystem täglich sowieso auseinander setzen“, so die Mediziner des Berliner Instituts, das auch die Impfempfehlungen für Kinderärzte herausgibt.

Dass Impfungen die Abwehr schwächen, wie manche Eltern befürchten, sei ebenfalls nicht der Fall: „Die Impfung stellt für das Abwehrsystem einen Stimulus dar und trainiert das Immunsystem.“ Aber, so fragen zweifelnde Eltern, bringen durchlebte Krankheiten Kinder nicht auch in ihrer Entwicklung weiter? Die Fachleute am Robert-Koch-Institut geben zu bedenken: „Selbst wenn man manchen Krankheitserfahrungen einen positiven Wert beimessen mag, steht umgekehrt außer Frage, dass Infektionen Kinder in ihrer Entwicklung auch zurückwerfen und gesundheitliche Komplikationen bis hin zu Todesfällen verursachen können.“

Mein Kind hat so viele Infekte, ist seine Abwehr schlecht?

Zwölf Infekte pro Erkältungssaison liegen für ein Kleinkind im Normbereich, betonen Kinderärzte. Häufige Infekte sind auch kein Zeichen einer schlechten Abwehr. Das Immunsystem von Babys und Kleinkindern braucht schlicht einige Jahre, um auszureifen. Und: Es gibt rund 200 Erreger von Erkältungskrankheiten (die sog. Rhinoviren). Bis ein Kind auch nur die gängigsten unter ihnen durchgemacht hat (und anschließend immun ist), dauert es einige Jahre. So kommt es, dass Babys und Kleinkinder die häufigsten grippalen Infekte haben, Erwachsene meist schon weniger als ein halbes Dutzend pro Jahr und alte Menschen manchmal jahrelang gar keine Erkältung mehr bekommen. Sie haben schlicht ein Großteil der 200 unterschiedlichen Schnupfenerreger im Laufe ihres Lebens „abgearbeitet“ – denn jeden bekommt man nur ein einziges Mal.

Teure Mittel zur „Abwehrsteigerung“ wie Präparate aus Umckaloabo und Echinacea konnten in verschiedenen Studien übrigens keinerlei Wirkung nachweisen – weder vorbeugend noch im akuten Krankheitsfall. Das Einzige, was die Abwehr eines Kindes fördern kann, ist: Viel Bewegung an der frischen Luft, eine vitaminreiche Ernährung und last but not least: nichtrauchende Eltern.

Ist das schon eine Allergie?

Weich wie ein Pfirsich war die Haut in Babys Gesicht bisher - und jetzt plötzlich ist sie rot und von winzigen Pickelchen übersäht. In den ersten Lebensmonaten entwickeln viele Säuglinge die sog. Baby-Akne, eine (oft verspätet auftretende) Reaktion auf die mütterlichen Hormone, die es im Mutterleib abbekommen hat. Im Unterschied zu Neurodermitis juckt die Baby-Akne nicht und verursacht dem Kind keine Beschwerden. Nach einigen Wochen verschwindet der Spuk, wie er gekommen ist. Auch sonst entwickeln Babys häufig diffuse Haut-Irritationen, wie Rötungen, Pickelchen, raue Stellen im Gesicht oder am Körper. Meist steckt auch hier nicht die gefürchtete Neurodermitis dahinter. Diese Erkrankung tritt oft als raue, entzündliche, leicht erhabene Hautrötung in Hautfalten (Armbeuge, Hals) auf und juckt. Vorbeugen kann man (neben dem sechsmonatigen Vollstillen) mit parfumfreien Hautpflegeprodukten und dem völligen Verzicht auf Shampoos und Badezusätze bei Säuglingen.

Rötungen am Po haben oft mit dem Beikost-Start zu tun und sind entweder eine Reaktion auf die ungewohnte Säure im Obst oder eine Unverträglichkeitsreaktion auf neue Beikost-Bestandteile. Deshalb ist es wichtig, pro Woche immer nur ein neues Nahrungsmittel gleichzeitig einzuführen, damit man dieses notfalls als Übeltäter identifizieren und wieder weglassen kann. Ist ein wunder Po mit kleinen Pickelchen kombiniert, handelt es sich meist um Windel-Soor, eine harmlose, aber schmerzhafte Hefepilz-Infektion. Hier helfen spezielle Salben aus der Apotheke (z.B. Multilind), die über mehrere Wochen angewendet werden müssen.

Mein Baby schläft so wenig – hat es Schlafstörungen?

Es gibt Babys, deren Lieblingsbeschäftigung das Schlafen ist, und eher unruhige Vertreter, die am Tag allenfalls mal versehentlich für eine halbe Stunde eindösen. Nicht selten sind auch die Säuglinge, die durchaus gern tagsüber schlafen, um dann aber umso effektiver die Nacht verkürzen zu können: Sie schlafen spät oder schwer ein und wachen gern schon vor 5 Uhr morgens wieder auf. Verzweifelte Mütter fragen sich dann untereinander oft: „Wie viel schlafen denn eure Kleinen?“

Solche Vergleiche bringen aber nichts, denn der Schlafbedarf von Babys und Kleinkindern ist sehr individuell, und er lässt sich vor allem nicht beeinflussen, wie der Schweizer Kinderarzt Dr. Remo H. Largo in seinem Buch „Babyjahre“ betont. „Manche Säuglinge schlafen pro 24 Stunden insgesamt nur 13 Stunden, manche 20 Stunden“, beides sei völlig normal. Steigern oder reduzieren lässt sich diese Schlafmenge nicht, sondern allenfalls umverteilen. Wer möchte, dass sein Baby nachts länger schläft, muss zum Beispiel den Tagschlaf verkürzen. Soll es morgens länger schlafen, könnte es abends später hingelegt werden. Bei der Umstellung muss man etwas Geduld haben. Es kann, so der Entwicklungsforscher, eine Woche oder mehr dauern, bevor das kindliche Gehirn sich umgestellt hat, und z.B. eine Verkürzung des Mittagsschlafs Früchte trägt, das Kind also abends früher müde wird oder morgens länger schläft.

Wo bleibt bloß der erste Zahn?

Es gibt Babys, in deren Mund schon bei der Geburt ein Zahn prangt. Bei anderen herrscht dort noch mit zwölf Monaten gähnende Leere. Da fragen sich manche Eltern bang, ob ihr Kind einst zahnlos zur Grundschule wird gehen müssen. Wieder einmal kann man entspannen, denn der erste Zahn kommt auch ganz ohne Sorgenmachen. Bis dahin isst es sich auch ohne Zähne durchaus vielfältig: Weil die Zähne unter dem Zahnfleisch bereits vorhanden sind, kauen kleine Beikost-Starter auch zahnlos bald schon weiches Brot, weiches Obst, Nudeln und Gemüse. Geht’s dann endlich los, kommen meist zuerst die Schneidezähne, dann die Eck-, später die Backenzähne. Individualisten unter den Babys halten sich manchmal nicht an diese Reihenfolge, sondern präsentieren den überraschten Eltern einen leuchtendweißen, seitlichen Backenzahn als Erstling in der Reihe. Die hinteren Backenzähne kommen jedoch erst mit 19 bis 36 Monaten.

Warum krabbelt, steht, läuft mein Kind noch nicht?

Am liebsten würden sich manche Eltern eine Entwicklungstabelle gleich neben das Babybett hängen, um zu kontrollieren, ob sich ihr Kind planmäßig entwickelt. Und wehe, das gleichaltrige Kind der Freundin kann sich schon umdrehen oder gar aufrichten oder krabbeln, während dem eigenen Baby dieses Bestreben noch völlig abgeht. Entwicklungstabellen machen aber oft mehr Angst als dass sie nutzen. Der Schweizer Entwicklungsforscher Remo H. Largo betont in seinem Buch „Babyjahre“, dass die angegebenen Zeitspannen oft zu eng angesetzt werden. Es habe nur in den allerseltensten Fällen irgend eine Bedeutung, wann ein Kind sich dreht oder das erste Mal krabbelt. Apropos Krabbeln: Viele Kinder lassen die Krabbelphase ganz aus und warten lieber gleich, bis sie laufen können. Oder sie ersetzen das Krabbeln lieber durch seitwärts Rollen, auf dem Popo rutschen oder sich seitlich „Schlängeln“.

Manche Kinder laufen bereits mit zehn Monaten, andere mit etwa 13 Monaten, wiederum andere empfinden das Laufen erst mit 18 bis 20 Monaten als lohnenswertes Ziel. Zur Beruhigung: Der Zeitpunkt des ersten Krabbelns oder Laufens steht in keinerlei Zusammenhang zur Intelligenz eines Kindes. Kinder, die erst spät laufen, sind später in der Schule genauso gut, wie andere. Ebenso, wie die ganz frühen unter den Kleinen, die schon mit neun Monaten die ersten Schritte wagen, keineswegs einen höheren IQ haben. Man kann sich also fast immer zurücklehnen und sein Kind mit Gelassenheit und Freude bei seiner individuellen Entwicklung beobachten.

Mit zwei noch immer 'sprachlos'

Die meisten Kinder fangen zwar mit zwölf bis 18 Monaten zu sprechen an. Manche Kinder finden jedoch, dass es auch mit zweieinhalb Jahren noch früh genug ist, sich näher zu erklären. Bis dahin behelfen sie sich oft mit einem energischen „Da! Da!“ und zeigen mit dem Finger auf das Gewünschte. Hier gilt dasselbe wie bei der motorischen Entwicklung: Die zeitliche Spannbreite des Normalen ist wesentlich größer als viele Eltern glauben, beruhigt der Kindheitsforscher Largo in „Babyjahre“. Normal ist auch, dass manche Kleinen schon mit 15 Monaten die berühmten Zweiwortsätze benutzen, und andere erst mit dreieinhalb Jahren. Gut zu wissen ist aber: So groß die Unterschiede beim aktiven Sprechen sein mögen – beim Verstehen, so der Forscher, sind die meisten Kinder in etwa gleich schnell. Ob Sprache oder Motorik: Echte Entwicklungsverzögerungen sind selten und gehen meist mit Auffälligkeiten auch in anderen Bereichen einher.

Zum Kiga-Start noch nasse Hosen?

Das berühmte Töpfchentraining macht Kinder nicht einen Tag früher sauber, wenn es nicht reif dafür ist. Wann dies der Fall ist, kann durch kein Training beeinflusst werden. „Ein früher Beginn und eine hohe Intensität der Sauberkeitserziehung beschleunigt die Entwicklung der Blasen- und Darmkontrolle nicht“, warnt Remo H. Largo in „Babyjahre“. Das Kind zeigt von sich aus an, wann es bereit ist, trocken zu werden. Dies tun Kinder frühestens mit 18 Monaten, oft aber erst mit drei Jahren oder später. Das Einzige, was Eltern tun sollten, wenn das Kind Interesse zeigt: Vorbild sein. Das heißt, dass sie (oder ältere Geschwister) die Toilettentür nicht hinter sich abschließen, sondern das Kind ruhig zuschauen lassen können.

Ein Kind, das von sich aus sauber werden möchte, braucht dazu oft nur wenige Tage. Geht aber wochen- und monatelang noch viel in die Hose oder hat das Kind nach einer trockenen Phase wieder einen Rückfall, war es schlicht zu früh. Hier sollten Eltern nicht tadeln, ermahnen, schimpfen (und auch nicht Belohnungen ausloben). Sondern das Thema einige Zeit ganz ruhen lassen, bis das Kind von selbst wieder Initiative zeigt. Dabei haben Eltern viel Zeit. Erst, wenn ein Kind mit fünf noch nicht sauber ist, sollte ein Besuch beim Urologen klären, woran es liegen könnte.

Gute Kindergärten machen kein Problem daraus, wenn ein Kind noch nicht sauber ist. Seit das neue Kinderbildungsgesetz (Kibiz) in Kraft getreten ist, nehmen sowieso immer mehr Einrichtungen schon zweijährige Kinder auf. Dort gehört das Wickeln deshalb zum Alltag, so dass es kein Problem ist, wenn auch ein älteres Kind noch Windeln braucht.

Wieso fürchtet sich mein Kind immer so?

Sie kommt für jedes Kind: Die magische Zeit, in der Monster und andere schauerliche Wesen sich unter seinem Bett oder in den Nachtschatten der Zimmerecken einrichten. Meist ist dies um den dritten Geburtstag herum der Fall. Auch Bilder, Figuren oder aus dem Urlaub mitgebrachte Masken zur Dekoration werden jetzt plötzlich als unheimlich eingestuft. Eltern sollten die Angst nicht wegreden, aber auch nicht so tun, als glaubten sie selbst an Monster. Sie können sagen: „Wenn du glaubst, dass unter deinem Bett ein Monster sitzt, dann müssen wir da mal nachgucken... Nein, dort ist keines, du kannst beruhigt sein.“ Auch ein Nachtlicht sowie offene Türen beruhigen. Rationale Erklärungen, dass es keine Monster gibt, helfen einem Kind dagegen nicht weiter. Kinder reflektieren nicht über ihre Angst, sie fühlen sie einfach.

Manche Kleinkinder scheinen aber mehr Angst vor anderen Kindern oder sogar vor Verwandten zu haben: Sie sprechen nicht mit ihnen, wollen nicht mit anderen Kindern spielen, wollen nicht auf Omas Schoß und machen in der Turngruppe kaum mit. Soziale Angst und Schüchternheit sind zum Teil Veranlagung, aber auch eine Frage des Trainings. Zurückhaltende Kinder sollten möglichst viel Kontakt zu anderen Kindern haben, privat oder in der Spielgruppe, je mehr desto besser. Häufiger Besuch und viele soziale Begegnungen helfen Kindern, die wiederkehrenden Muster im alltäglichen Umgang von Menschen allmählich zu erkennen – das hilft gegen Unsicherheit und gibt Routine.

Unser Kind könnte verunglücken

Zwar gibt es natürlich keine Garantie, dass einem Kind nichts zustößt. Übertriebene Angst kann jedoch Unfälle eher fördern als verhindern. Krabbel- und Kleinkinder müssen Gelegenheit haben, Motorik und Gleichgewichtssinn zu trainieren. Werden sie überbeschützt, verletzen sie sich statistisch gesehen häufiger – weil ihnen das Training fehlt, und weil sie ängstlich und unsicher sind. Vor allem wir Mütter sollten also so manches „Pass auf, du fällst gleich!“ lieber tapfer herunterschlucken und nicht sofort panisch herbei rennen, sobald unser Kind auf dem Spielplatz ein Klettergerüst erklimmt. Eine Faustregel könnte sein, einem Kind all das zu erlauben, was voraussichtlich keine lebensgefährlichen Verletzungen oder Knochenbrüche verursachen kann. Es vor jeder Beule behüten zu wollen, ist dagegen schon zuviel des Guten.

Ein sichereres Gefühl vermittelt Eltern auch ein Kurs „ Erste Hilfe an Babys und Kleinkindern“, wie ihn viele Hilfsorganisationen (z. B. die Johanniter) regelmäßig oder auch auf Anfrage anbieten. Da die Erste Hilfe bei sehr kleinen Kindern völlig anders abläuft als bei Erwachsenen, sollte jeder, der Kinder betreut, die wichtigsten Maßnahmen kennen.

Den häufigsten Unfall bei Säuglingen kann man übrigens ganz leicht verhindern. Da nach Schätzungen von Hebammen bis zur Hälfte aller Babys irgendwann vom Wickeltisch fällt, ist das Beste, gleich am Boden zu wickeln und auf eine Wickelkommode (oder gar einen Badewannenaufsatz) ganz zu verzichten. Wer das Wickel-Möbel unbedingt haben möchte, sollte die Umgebung mit dicken Teppichen polstern. Es kommt für jedes Baby der Tag, wo es sich das erste Mal blitzschnell und völlig unerwartet umdreht. Auch beim Bücken oder sich Wegdrehen sollte man sich daher von Beginn an angewöhnen, immer mit einer Hand das Baby zu fassen.